Klinische Symptomatik
Das DiGeorge-Syndrom (DGS) ist ein Entwicklungsfeld-Defekt der dritten und vierten Schlundtasche. Die aus der gestörten Entwicklung dieser embryonalen Strukturen resultierenden Symptome sind:
Entwicklungsauffälligkeiten
Charakteristische faziale Dysmorphien
Klinische Auffälligkeiten
Das DGS ist ein Krankheitsbild mit einer hohen phänotypischen Variabilität. Neben dem sehr schwer verlaufenden Vollbild der Erkrankung mit Immundefekt und Herzfehlern können auch mildere Verlaufsformen mit nur partieller oder transienter Immunschwäche vorkommen.
Das Velo-Cardio-Faziale-Syndrom (VCFS oder Shprintzen-Syndrom) wurde früher vom DiGeorge-Syndrom abgegrenzt, stellt aber tatsächlich eine dem Namen entsprechende Symptomatik innerhalb des DiGeorge-Syndroms dar. Das Spektrum der klinischen Befunde und Auffälligkeiten ist sehr breit und variabel im Ausprägungsgrad.
Dennoch gibt es einige charakteristische Leitsymptome des Velo-Cardio-Fazialen-Syndroms (VCFS):
Entwicklungsauffälligkeiten
Dysmorphologische Auffälligkeiten
-
Schmale Lidspalten
- Prominente Nase mit breiter Nasenwurzel und hypoplastischen Nasenflügeln
- Retrognathie
- Ohranomalien z. B. dysplastische Helices, abstehende Ohren
- Lange, schmale Finger und Hände mit Gelenküberstreckbarkeit
Klinische Auffälligkeiten
-
Häufig:
- Gaumenspalte oder hoher Gaumen mit gespaltener Uvula
- Velopharyngeale Insuffizienz mit nasaler Sprache
- Herzfehler (vor allem conotrunkale Fehlbildungen)
- Thymushypo- oder -aplasie mit entsprechenden immunologischen Konsequenzen
- Hypokalzämie (als Folge von Unterfunktionen der Nebenschilddrüse)
- Mikrozephalie
- Selten:
- Urogenitalanomalien (z. B. fehlende, dysplastische oder multizystische Nieren)
- Skelettfehlbildungen (z. B. Klumpfüße, Skoliose)
- Hirnfehlbildungen (z. B.cerebelläre Hypoplasie, cerebrale Atrophien)
- Ophthalmologische Auffälligkeiten (z. B. Hornhauttrübung, Mikrophthalmie, Iriskolobom)
- Psychische Erkrankungen vor allem im Erwachsenenalter (bipolare Erkrankungen, Schizophrenie)
Die Mikroduplikation 22q11.2 gehört zum Kreis des DiGeorge- (DGS) und Velo-Cardio-Fazialen-Syndroms (VCFS), jedoch mit einem sehr variablen Grad der Ausprägung und zusätzlichen, vom DGS und VCFS abgrenzbaren Merkmalen.
Entwicklungsauffälligkeiten
Dysmorphologische Auffälligkeiten
Klinische Auffälligkeiten
Durch die hohe Variabilität ist eine Familienuntersuchung notwendig, da bei den Eltern phänotypisch auffälliger Nachkommen durchaus ein wesentlich milderer Phänotyp vorliegen kann.
Genetik
Das DiGeorge-Syndrom und das Velo-Cardio-Faziale-Syndrom werden durch eine Mikrodeletion auf Chromosom 22q11.2 verursacht. Diese partielle Monosomie 22q11.2 kann bei ca. 90 - 95 % der Patienten mit DiGeorge-Syndrom nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich wie bei anderen Mikrodeletions-Syndromen meist um Neumutationen (94 %), doch gibt es auch Familien mit mehreren Betroffenen. Das Vererbungsmuster entspricht dann einem dominanten Erbgang mit variabler Expressivität. Etwa 6 % der Betroffenen haben die Deletion von einem gesunden Elternteil geerbt. Diese gesunden Deletionsträger haben häufig faziale Mikrosymptome und repräsentieren das milde Ende des breiten, mit einer Monosomie 22q11.2 assoziierten, Phänotyp-Spektrums.
Die Größe der Deletion umfaßt in den meisten Fällen etwa 3 Mb. "Low copy repeats" (LCRs) in der Chromosomenregion 22q11.2 flankieren die für die Ausprägung des Syndroms kritische Region. Mikroduplikationen sind daher ebenso wahrscheinlich wie Mikrodeletionen, wurden bisher jedoch weit weniger beschrieben, da der Phänotyp der Duplikationsträger weitaus variabler ist als der der Mikrodeletionsträger.
In selteneren Fällen liegen atypische Deletionen mit variabler Größe vor.
Molekulargenetisch werden Mutationen des Gens TBX1 nachgewiesen.
Low copy repeats (LCRs) in der Chromosomenregion 22q11.2 machen Mikroduplikationen ebenso wahrscheinlich wie Mikrodeletionen. Sie wurden bisher jedoch weit weniger beschrieben, da der Phänotyp der Duplikationsträger variabler ist als der der Betroffenen mit Mikrodeletionen 22q11.2. Die Größe der Duplikationen variiert von etwa 3 Mb (häufig) bis zu 6 Mb (selten). Eine Korrelation zwischen der Größe der Duplikation und der Schwere der phänotypischen Merkmale besteht nach bisherigen Kenntnissen nicht.