Klinische Symptomatik
Zu dem Krankheitsbild des Adrenogenitalen Syndroms (AGS) gehören autosomal rezessive Erkrankungen mit einem Defekt der Cortisolbiosynthese. Man unterscheidet:
Klassische Form
Bei Patienten mit einer klassischen Form mit Salzverlust liegt ein Verlust der Enzymaktivität vor und führt bei Neugeborenen in den ersten Lebenswochen zu einer lebensbedrohlichen Salzverlustkrise. Darüber hinaus können weibliche Patienten bereits pränatal eine Virilisierung zeigen. Es kommt zu einem männlichen oder intersexuellen Genitale. Patienten mit einem klassischen AGS tragen i.d.R. auf beiden Allelen Nullmutationen. Liegt noch eine geringe Restaktivität des Enzyms auf einem Allel vor, so wird die einfach virilisierende klassische Form ohne Salzverlust beobachtet.
Nicht-klassische Form
Patienten mit der nicht-klassischen Form zeigen postnatal Zeichen einer Hyperandrogenämie wie Hirsutismus, Großwuchs, eine Amenorrhoe, eine herabgesetzte Fertilität, metabolisches Syndrom/PCO u.a. Patienten mit einem nicht klassischen AGS tragen im Sinne einer autosomal rezessiven Erkrankung auf beiden Allelen eine Mutation, wobei ein Allel eine höhere Restaktivität der 21-Hydroxylase aufweist. Der Phänotyp des AGS wird durch das mildere Allel bestimmt.
Bei Kinderwunschpatientinnen mit auffälligem ACTH-Test ist ein AGS-Screening indiziert, um Patientinnen mit einer nicht klassischen Form des AGS zu identifizieren. Hieraus ergeben sich therapeutische Konsequenzen. Ebenso ist aufgrund der hohen Heterozygotenfrequenz (2-10 %) gegebenenfalls der Partner auf CYP21A2-Mutationen abzuklären, um das Risiko des Paares für ein Kind mit einem klassischen AGS zu bestimmen.
Patienten mit einem AGS erhalten eine lebenslange Therapie. Kinder mit einem klassischen AGS mit Salzverlust werden in der Regel mit Mineralcorticoiden (Fluorcortison) und NaCl behandelt, im Falle eines klassischen AGS ohne Salzverlust oder einer milden Form des AGS werden Glukocorticoide (Hydrocortison) substituiert. Nach Abschluss des Längenwachstums kann Prednison oder Dexamethason verwendet werden.
Familien mit einem Risiko für ein Kind mit einem klassischen AGS werden eine Pränataltherapie und eine pränatale Diagnostik angeboten, um einer Virilisierung bei weiblichen betroffenen Feten vorzubeugen.
Genetik
In mehr als 95 % der Fälle liegt ein Defekt der 21-Hydroxylase (Gen CYP21A2) vor (Chromosom 6p21.3). Defekte der 11ß-Hydroxylase, 3ß-Hydroxysteroiddehydrogenase, 17α-Hydroxylase oder Cytochrome P450 Oxidoreductase (POR) sind seltener.