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Fetale Akinesie
Diagnostik über folgende genetische Analyse(n)/Panel möglich
Synonyme
Fetal Akinesia Deformation Sequence (FADS), Pena-Shokeir-Syndrom, Arthrogryposis Multiplex Congenita (AMC), Multiple Pterygium Syndrome (MPS), Escobar-SyndromKlinische Symptomatik
-
Polyhydramnion
- Wachstumsretardierung des Feten
- pulmonale Hypoplasie
- Hydrops
- Gelenkkontrakturen
Weniger schwere Phänotypen können sich postnatal unter dem Bild einer Arthrogryposis Multiplex Congenita (AMC) mit multiplen Gelenkkontrakturenmanifestieren.
Weitere Auffälligkeiten, die auf eine verminderte intrauterine Beweglichkeit hindeuten, sind eine kurze Nabelschnur oder fehlende Beugefalten an Fingern und Handflächen. Ein Polyhydramnion ist oft Ausdruck einer fetalen Schluckstörung. Als Zeichen einer früh, bereits im 1. Trimenon der Schwangerschaft eingeschränkten Beweglichkeit können sich an den Gelenken zusätzlich Flügelfelle (Pterygien) ausbilden, die ebenso wie die pulmonale Hypoplasie und der Hydrops Folge einer subkutanen Ödembildung sind. Diese kennzeichen das Bild des letalen bzw. nicht-letalen multiplen Pterygium oder Escobar Syndrom. Auch Grübchen („Dimples") weisen auf eine frühe Gelenkfixierung hin.
Ist die Bewegungsarmut dagegen sekundär, z. B. bei intrauteriner Enge, liegt dagegen oft eine Kombination von Oligohydramnion, asymmetrischen Kontrakturen und Beckenendlage vor.
Die Ursachen eines fetalen Bewegungsmangels können ganz unterschiedlich - exogen oder genetisch - bedingt sein. Eine nicht-genetische Ursache sind z. B. mütterliche Antikörper, die gegen die nur in der Fetalzeit exprimierte gamma-Untereinheit des AChRs gerichtet sind.
Genetisch bedingte Veränderungen reichen von zentral neurologischen Problemen über Affektionen der motorischen Vorderhornzellen, der peripheren Nerven und der neuromuskulären Synapsen zu Myopathien und Skelettdysplasien. Viele hereditäre Formen folgen einem autosomal-rezessiven Erbgang, jedoch sind auch autosomal-dominante und X-gebundene Erbgänge beschrieben. Daten zur Häufigkeit einzelner ursächlicher genetischer Veränderungen sind derzeit noch unzureichend.
Wichtig ist eine möglichst genaue Charakterisierung des klinischen Phänotyps im Hinblick auf begleitende Fehlbildungen (z. B. Gaumenspalte, Gastroschisis, Skelettauffälligkeiten), eine muskuläre Hypotonie oder Ateminsuffizienz sowie eine ausführliche Familienanamnese (Konsanguinität, SIDS, gehäufte Aborte?) und nach Möglichkeit weiterführende Untersuchungen (z. B. CK-Wert, Elektrophysiologie) bis hin zur Muskelbiopsie. Bei letalen Formen oder nach einer Schwangerschaftunterbrechung sollte unbedingt eine Autopsie mit sorgfältiger neuropathologischer Diagnostik angestrebt werden, inklusive einer Materialasservierung für DNA-Analysen und Muskelbiopsiediagnostik. Zur Basisdiagnostik gehört eine konventionelle Chromosomenuntersuchung sowie der Ausschluss einer spinalen Muskelatrophie (SMA).
Genetik
Differentialdiagnostisch wichtig und einer molekulargenetischen Diagnostik zugänglich sind autosomal rezessive Mutationen in den Genen der AChR-Untereinheiten (CHRNA1, CHRNB1, CHRND) bzw. anderer synapsen-spezifisch exprimierter Gene (RAPSN, DOK7). Während gutartigere missense Mutationen bzw. compound heterozygote nonsense / missense Mutationen dieser Gene zum Phänotyp einer kongenitalen Myasthenie (CMS) führen, können funktionell gravierendere missense oder nonsense Mutationen mit dem Leben vereinbare fetale Hypokinesien bzw. letale Akinesien mit oder ohne Pterygien begründen.
Mutationen des Gens CHRNG, das die bis in die 33. Schwangerschaftswoche exprimierte fetale gamma-Untereinheit des AChR kodiert, wurden als ursächlich für letale und nicht letale Formen des Escobar-Syndroms beschrieben.
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