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Hereditäres Nicht Polypöses Kolonkarzinom (HNPCC), Lynch-Syndrom

Klinische Symptomatik

Das Hereditäre Nicht Polypöse Kolonkarzinom (HNPCC) stellt mit ca. 3 % der Kolon- und Rektumkarzinome die häufigste Entität der autosomal dominant vererbten Dickdarmkrebserkrankungen dar. Hinweise auf eine erbliche Tumorerkrankung ergeben sich aus der Familienanamnese. Sind in einer Familie mehr als 3 Familienmitglieder betroffen und/oder ist in einem Fall die Diagnose vor dem 50. Lebensjahr gestellt worden (Amsterdam-Kriterien), ist die Diagnose einer autosomal dominanten Dickdarmkrebserkrankung zu stellen.

Erbliche Dickdarmkrebserkrankungen können in zwei Entitäten unterteilt werden: In ca. 60 % der Fälle liegen Mutationen in DNA-Reparaturgenen vor. Die Tumore sind hochgradig mikrosatelliteninstabil und es findet sich meist ein Expressionsausfall für eines der DNA-Reparaturgene, in dem dann in der Regel eine Keimbahnmutation nachweisbar ist. Diese Form der HNPCC-Erkrankung wird auch als Lynch-Syndrom bezeichnet.

Beim Lynch-Syndrom treten die Tumorerkrankungen nicht nur im Gastrointestinaltrakt auf, vielmehr gibt es auch eine Risikoerhöhung für Karzinome des Magens, des Endometriums, des Urothelgewebes, des Hepatobiliären Systems, der Ovarien, des ZNS und der Haut. Eine Besonderheit des Lynch-Syndroms ist die verkürzte Adenom-Karzinom-Sequenz. Dies bedeutet, dass auch kleine Adenome schon ein Entartungspotential haben. Es ist daher wichtig, die betroffenen Familien zu identifizieren und ihnen ein entsprechend engmaschiges Vorsorgeprogramm mit jährlichen Untersuchungsintervallen zu empfehlen.

Bei ca. 40 % der Fälle findet sich trotz familiärer Häufung keine Mikrosatelliteninstabilität, eine Mutation in den DNA-Reparaturgenen liegt diesen Tumorerkrankungen nicht zu Grunde. Für diese Entität sehen wir keine Risikoerhöhung für Tumorerkrankungen außerhalb des Gastrointestinaltraktes, ebenso gibt es keine Hinweise auf eine verkürzte Adenom-Karzinom-Sequenz.

Aufgrund des Risikos für assoziierte Erkrankungen und der verkürzten Adenom-Karzinom-Sequenz ergeben sich für die beiden Entitäten erblicher kolorektaler Karzinome unterschiedliche Vorsorgeempfehlungen. Dies ist als Indikation für die molekulargenetische Differenzierung zu sehen.

Kriterien an die Indikationsstellung gemäß Qualitätssicherungsvereinbarung Molekulargenetik (Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V)

Indikation für molekulargenetische Untersuchung

Patienten mit einer Keimbahnmutation in einem der DNA-Reparaturgene erfüllen in max. 60 % der Fälle die Amsterdam-Kriterien. Um auch die übrigen Patienten zu erfassen gelten die Bethesda-Kriterien als Indikation zur molekulargenetischen Analyse des Tumorgewebes (Mikrosatellitenanalyse und immunhistochemische Analyse).

Amsterdam-I-Kriterien (alle Kriterien müssen erfüllt sein)
  • Mindestens drei Familienangehörige mit histologisch gesichertem kolorektalen Karzinom
  • Einer davon Verwandter ersten Grades
  • Erkrankungen in mindestens zwei aufeinander folgenden Generationen
  • Mindestens ein Patient mit der Diagnose des kolorektalen Karzinoms vor dem 50. Lebensjahr
  • Ausschluss einer Familiären Adenomatösen Polyposis coli (FAP)
Amsterdam-II-Kriterien (alle Kriterien müssen erfüllt sein)
  • Mindestens drei Familienangehörige mit HNPCC-assoziiertem Karzinom (Kolon/ Rektum, Endometrium, Dünndarm, Nierenbecken/Ureter, Magen)
  • Einer davon Verwandter ersten Grades
  • Erkrankungen in mindestens zwei aufeinander folgenden Generationen
  • Mindestens ein Patient mit der Diagnose eines Karzinoms vor dem 50. Lebensjahr
  • Ausschluss einer Familiären Adenomatösen Polyposis coli (FAP)
Bethesda-Kriterien (revidiert; mindestens ein Kriterium muss erfüllt sein)
  • Kolorektales Karzinom bei einem Patienten, Erstdiagnose vor dem 50. Lebensjahr
  • Synchrone/metachrone Kolon-/Rektumkarzinome oder HNPCC-assoziierte Karzinomerkrankungen (Endometrium, Nierenbecken/Ureter, Dünndarm, Magen, Pankreas, Gallengang, Ovar, hepatobiliäres System und Gehirn – üblicherweise Glioblastome, Talgdrüsenadenome und Keratoakanthome) unabhängig vom Alter
  • Kolorektales Karzinom mit MSI-H typischer Morphologie, diagnostiziert bei einem Patienten vor dem 60. Lebensjahr
  • Patient mit kolorektalem Karzinom und mindestens einem erstgradig Verwandten mit einem HNPCC-assoziierten Tumor (s.o.), mit mindestens einem Tumor, dessen Erstdiagnose vor dem 50. Lebensjahr gestellt wurde
  • Patient mit kolorektalem Karzinom und mindestens zwei erst- oder zweitgradig Verwandten mit HNPCC-assoziierten Tumoren (s. o.), unabhängig vom Erkrankungsalter

Genetik

Das Lynch-Syndrom wird durch genetische Veränderungen in den sogenannten DNA-Reparaturgenen MLH1 auf Chromosom 3p21.3, MSH2 auf Chromosom 2p21p22, MSH6 auf Chromosom 2p16 und PMS2 auf Chromosom 7p22 verursacht. Zur Tumorentstehung kommt es, wenn in einer Zelle des Darmgewebes neben der von einem Elternteil vererbten Keimbahnmutation auch die zweite Kopie des Gens funktionslos wird. Diese Tumorzelle verfügt dann über keine DNA-Reparaturaktivität, was sich in der sogenannten Mikrosatelliteninstabilität im Tumorgewebe widerspiegelt.

Diagnostisches Vorgehen
Bei Verdacht auf das Vorliegen einer erblichen Tumorerkrankung sollte eine ausführliche Anamnese im Rahmen einer genetischen Sprechstunde erhoben werden. Es folgt eine Analyse des Tumorgewebes bzgl. der Mikrosatelliteninstabilität sowie eine immunhistochemische Analyse. Zeigt sich hier ein pathologisches Ergebnis, wird im Anschluss eine molekulargenetische Analyse der DNA-Reparaturgene durchgeführt.

Häufigkeit

In Deutschland gibt es im Jahr ca. 70 000 neue Erkrankungsfälle für das kolorektale Karzinom. Hiervon besteht bei ca. 5 % Verdacht auf das Vorliegen einer autosomal dominant vererbten Tumorerkrankung, wobei ca. 3 % aller kolorektalen Karzinome auf eine genetische Veränderung in den DNA-Reparatur-Genen zurückzuführen sind.

Anmerkung
Die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse erfolgt im Rahmen einer Studie der Deutschen Krebshilfe.

Indikation
  • Bei V. a. das Vorliegen einer erblichen Tumorerkrankung sollte eine ausführliche familienanamnestische Abklärung durchgeführt werden.
  • Differentialdiagnostisch ist neben einem HNPCC-Syndrom auch an das Vorliegen einer attenuierten adenomatösen Polyposis coli (MAP) zu denken. Im Rahmen eines genetischen Beratungsgespräches kann eine Zuordnung des Tumorsyndroms durchgeführt und die entsprechende molekulargenetische Diagnostik veranlasst werden.
Stufendiagnostik
Stufe 1:
Molekularpathologische Analyse aus Tumorgewebe
Immunhistochemie und Mikrosatelliteninstabilität (MSI)
Stufe 2:
Sequenzanalyse, gezielt
Sequenzanalyse einer oder mehrerer Mutationen / unklarer Sequenzvarianten eines Gens
MLPA, Multiplex Ligation dependent Probe Amplification, gezielt
Methode zum Nachweis von Deletionen / Duplikationen einzelner Exons
 
Wenn kein Tumorgewebe mehr vorhanden ist und alle  Amsterdam-Kriterien erfüllt sind: Analyse aller 4 MMR-Gene.
Material 2-4 ml EDTA-Blut
Dauer
3-6 Wochen