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Genetische Ursachen und Diagnostik bei unerfülltem Kinderwunsch

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,

liebe Ratsuchende,

etwa jedes 10. Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Die Ursachen hierfür können bei der Frau und beim Mann liegen und umfassen organische, endokrinologische, immunologische und genetisch bedingte Faktoren. Im folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die diagnostischen Möglichkeiten zu genetischen Ursachen weiblicher oder männlicher Fertilitätsstörungen.

 

UNTERSUCHUNGSMETHODEN

Fertilitätsstörungen, die sich zum Beispiel in einer niedrigen Eizellreserve bei einer jungen Frau oder in einer geringen
Spermienzahl beim Mann manifestieren, können sowohl auf Chromosomenveränderungen als auch auf Veränderungen in einzelnen Genen beruhen. Die genetische Diagnostik anhand einer Blutprobe umfasst die Analyse der Chromosomen (Zytogenetik) und abhängig von weiteren klinischen Befunden, die gezielte Analyse einzelner Gene (Molekulargenetik).

 

ZYTOGENETIK (CHROMOSOMENANALYSE)

Als Träger unserer Gene verfügt der Mensch im Zellkern jeder Zelle des Körpers über 46 Chromosomen. Anhand einer Blutprobe kann eine mikroskopische Untersuchung der Chromosomen erfolgen und ein Karyogramm erstellt werden, um die Zahl und Struktur der Chromosomen zu bestimmen. Liegen keine Auffälligkeiten vor, dann ergibt sich der unauffällige Karyotyp einer Frau 46,XX oder eines Mannes 46,XY.

 

MOLEKULARGENETIK

Genetische Erkrankungen, die auf Veränderungen der DNA-Sequenz in einzelnen Genen zurückzuführen sind (Mutationen), müssen mit unterschiedlichen molekulargenetischen Methoden nachgewiesen werden. Der Einsatz der Next-Generation-Sequencing (NGS)-Methode ermöglicht eine parallele Untersuchung verschiedener Gene (NGS-Panel).

 

GENETISCHE DIAGNOSTIK

Zur Basisdiagnostik bei Mann und Frau gehört die Chromosomenanalyse, um numerische oder strukturelle Chromosomenveränderungen zu erkennen.

Numerische Chromosomenveränderungen (Veränderung der Chromosomenanzahl, Aneuploidien) führen meist zu schweren Fertilitätsstörungen oder Sterilität. Im männlichen Geschlecht ist dies häufig das Klinefelter-Syndrom mit einem zusätzlichen X-Chromosom (Häufigkeit 1 : 500), im weiblichen Geschlecht das Ullrich-Turner-Syndrom mit dem Fehlen eines X-Chromosoms (Häufigkeit 1 : 2500).

Strukturelle Chromosomenveränderungen sind bei bis zu 10 % der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch zu finden. Eine Veränderung der Struktur in den Chromosomen (z. B. sogenannte Translokationen) liegt bei gesunden Menschen in balancierter Form mit einer Häufigkeit von 1 : 500 vor. Personen, die eine balancierte Translokation tragen, sind selbst gesund, haben aber ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten oder für Nachkommen mit Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen aufgrund einer unbalancierten Translokation.

 

SPEZIELLE MÄNNLICHE FERTILITÄTSSTÖRUNGEN

Azoospermie/Oligozoospermie:
AZF-Faktoren, CFTR-Gen

Eine verringerte Spermienkonzentration (Oligozoospermie) oder das komplette Fehlen von Spermien im Ejakulat (Azoospermie) kann auf dem Verlust einer oder mehrerer Azoospermiefaktoren (AZF) im langen Arm des Y-Chromosoms beruhen. Eine andere Ursache – insbesondere bei obstruktiver Azoospermie (Fehlanlage der Samenleiter) – können Mutationen des CFTR-Gens sein. Der Nachweis einer Veränderung im CFTR-Gen beim Mann stellt eine Indikation für eine CFTR-Mutationssuche bei der Partnerin dar (Anlageträger - frequenz 1:25). Liegen auf beiden elterlichen Genkopien Mutationen des CFTR-Gens vor, ergibt sich ein 25 %-Risiko für die Nachkommen, an einer Cystischen Fibrose (Mukoviszidose) zu erkranken.

Hypogonadismus

Ein auffälliges Spermiogramm kann auf einem Mangel an männlichen Geschlechtshormonen (Hypogonadismus: Androgenmangel, Testosteronmangel) beruhen. Die primäre Störung kann dabei im Bereich des Hodens lokalisiert sein (primärer Hypogonadismus). Oft liegt in diesem Fall eine Chromosomenveränderung vor. Liegt die primäre Ursache des Hypogonadismus im Bereich des übergeordneten Regulationszentrums des Gehirns (sekundärer Hypogonadismus, hypogonadotroper Hypogonadismus), können seltene Genveränderungen ursächlich sein, die mittels einer parallelen Sequenzierung einzelner Gene (NGS-Panel ID 611.00) untersucht werden können.

 

SPEZIELLE WEIBLICHE FERTILITÄTSSTÖRUNGEN

Prämature Ovarialinsuffizienz (POI)

Bei der auch als »vorzeitige Wechseljahre« oder prämature Menopause bekannten prämaturen Ovarialinsuffizienz liegt meist eine Veränderung im FMR1-Gen vor, die für eine vorzeitige Einschränkung der Eierstockfunktion verantwortlich ist. Daneben können auch seltenere Genveränderungen ursächlich für die POI sein, die mittels einer parallelen Sequenzierung einzelner Gene (NGS-Panel ID 614.00, prämature Ovarialinsuffizienz) untersucht werden können.

Adrenogenitales Syndrom

Als Adrenogenitales Syndrom wird eine spezielle Störung der Hormonbildung der Nebennierenrinde bezeichnet, die sich auch auf die Fertilität der Frau auswirkt. Am häufigsten liegt eine Veränderung im CYP21A2-Gen vor. Zur Identifizierung seltenerer Ursachen eines AGS können Stoffwechseluntersuchungen und weitere gezielte genetische Analysen sinnvoll sein.

 

RELEVANZ DER GENETISCHEN DIAGNOSTIK

Die genetische Diagnostik stellt einen wichtigen Baustein für die therapeutischen Optionen beim unerfüllten Kinderwunsch
dar. So ist beispielsweise bei Vorliegen von Deletionen der AZFc-Region (Azoospermie) die Chance, bei einer Hodenbiopsie Spermien zu gewinnen, höher als bei Deletionen der AZFb oder AZFa-Region.

Weiter ist es möglich, durch eine genetische Diagnostik zusätzliche spezielle Risiken für die Nachkommen zu erkennen, die im Zusammenhang mit der Fertilitätsstörung stehen. Dies gilt beispielsweise bei Vorliegen einer balancierten Translokation oder im Falle einer Mutation des CFTR-Gens.

 

ABLAUF DER GENETISCHEN UNTERSUCHUNG

Vor der geplanten Durchführung der Diagnostik muss eine Beratung nach Gendiagnostik-Gesetz durch Ihren behandelnden Arzt oder einen Facharzt für Humangenetik erfolgen. Während dieser Beratung werden Ihnen im Kontext der Fragestellung alle relevanten Aspekte ausführlich erläutert und Ihre offenen Fragen beantwortet. Erforderlich ist zudem die unterzeichnete Einwilligung in die geplante Diagnostik.